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Yang Stil Taiji Quan


Der Yang-Stil ist heute wohl der bekannteste und am weitesten verbreitete Stil des Taiji Quan. Man kann sogar sagen, dass das Bild der Öffentlichkeit von Taiji Quan im Allgemeinen – weite, langsame, gleichmäßig fließende Bewegungen – von der Übungsweise dieses Stils in seiner neueren Ausführung geprägt ist. Das Wort „neuere“ deutet allerdings schon an, dass die Geschichte des Yang-Stils sehr vielfältig ist.


Yang Luchan

Ein wenig Geschichte


Zhang San Feng beobachtet den Kampf von Schlange und Kranich

Die Geschichte des Yang-Stils beginnt im frühen 19. Jhdt., als Yang Luchan bei zwei verschiedenen Kampfkunst-Meistern in die Lehre ging: Im Stammdorf der Chen-Familie erlernte er bei Chen Changxing deren besonderen Kampfstil, welcher in seiner heutigen Ausprägung als Chen-Stil Taiji Quan bekannt ist. Und von Jiang Fa, einem Linienhalter des legendären daoistischen Meisters Zhang Sanfeng (ca. 12. Jhdt.), lernte er Kampfkünste der Wudang-Tradition. Die genaue Interaktion dieser drei Männer ist im Detail strittig, doch das Resultat wohldokumentiert: Yang Luchan, dessen eigener Stil sich durch Weichheit, Behändigkeit und Explosivität auszeichnet, wird um die Mitte des Jahrhunderts zu einem der führenden Kampfkunst-Meister in Beijing. Seine Fähigkeiten sind so berühmt, dass er die Leibwache des Kaisers und sogar die Kaiserfamilie selbst unterrichtet. Sein Kampfstil wird von seinen beiden Söhnen Yang Banhou und Yang Jianhou weiter getragen. Letztere hat wiederum zwei Söhne, Yang Shaohou und Yang Chengfu.

Anfang des 20. Jhdts. passiert jedoch etwas Ungewöhnliches: Während Yang Shaohou am Stil seines Großvaters festhält, verändert Yang Chengfu das Überlieferte. Wieder ist die Absicht nicht restlos geklärt, aber das Resultat bekannt: Durch seine Betonung von weiten, langsamen und gleichmäßig fließenden Bewegungen verwandelt Yang Chengfu den Kampfstil, mit dem sein Großvater einst Beijing eroberte, in eine für alle Altersgruppen geeignete Gesundheitsmethode und unterrichtet den bislang sehr restriktiven Familienstil öffentlich in ganz China. Dadurch findet der Stil Yang Chengfus rasch Verbreitung und wird zum prägenden Bild von Taiji Quan als Ganzes.

Vereinfachte Übungsformen

Der letzte Schritt in der Geschichte des Stils ist dann ab den 1950er Jahren die Einführung von verkürzten und vereinfachten Übungsformen durch die Volkrepublik China, gedacht vor Allem für ihre staatlichen Wushu-Wettbewerbe (z.B. die bekannte 24 Schritt-Beijing Form bzw. 24-teilige Pekingform). Einerseits wird Taiji Quan dadurch leichter erlernbar, andererseits verlieren sich aber die Differenziertheit der Bewegung und die Geschlossenheit der ursprünglichen, langen Übungsformen des Yang-Stils.

Derzeit wird an einer weiteren Verkürzung auf 13 Bewegungen gearbeitet.

Die Übungsmethode

Glücklicherweise sind alle drei der oben skizzierten Ausführungsformen des Yang-Stils bis heute erhalten geblieben und werden in der TQGÖ auch weitergegeben. Die Grundlage des Übungsweges bildet in jedem Fall eine waffenlose Soloform, eine festgelegte Abfolge von Bewegungen. Hier erlernen und üben wir die typische weich-entspannte Bewegung des Stils und schulen unser Gleichgewicht. Durch das in Bewegung Setzen der inneren Energie Qi fördert Formtraining direkt unser körperliches und geistiges Wohlbefinden. Und speziell in der Ausführung nach Yang Luchan bieten die an entscheidenden Stellen eingefügten Explosivbewegungen (Fajing) einen wunderbar energetisierenden Ausgleich zur Ruhe der Form.


Das zweite, wichtige Feld unseres Übens ist das Üben mit PartnerIn. Während wir uns in der Soloform nur um uns selbst und die Schwerkraft zu kümmern brauchen, bringt der Kontakt mit dem Trainingspartner zusätzliche Parameter ins Spiel: Distanz, Timing und Aufrechterhalten von Taiji-Prinzipien unter Stress (am Anfang nichts als ein erwarteter, sanfter Druck der Hand des Partners; viel später im sehr fortgeschrittenen Üben plötzliche Angriffe des Partners mit voller Körperkraft). Da wir lernen, gelassen damit umzugehen, wirkt auch das Üben mit PartnerIn Stress abbauend, wohltuend energetisierend und ist ein wichtiger Kontrapunkt zum Formtraining.

Über diese beiden Eckpfeiler hinaus bietet der Yang-Stil aber noch eine Vielzahl weiterer Übungsmethoden an: spezielle Qigong-Übungen, schnelle Formen ohne und mit Partner und die Beschäftigung mit den klassischen chinesischen Waffen Schwert, Säbel, Stock und Speer. Wiewohl das nicht unbedingt notwendige Spezialisierungen sind, helfen sie uns dabei, unsere Kunst als Ganzes immer tiefer und reicher werden zu lassen.


Yang-Stil Taiji Quan – die Kampfkunst

Abschließend sind noch einige Worte zum Yang-Stil als Kampfkunst angebracht. Obwohl Yang-Stil Taiji Quan eine enorme Wirkung auf die Gesundheit hat (weshalb es sich gerade heute bei den meisten Menschen, die Taiji Quan ja als Gesundheitsübung und Ausgleich zum Alltag erleben, solcher Beliebtheit erfreut), so ist doch nicht zu leugnen, dass seine Wurzeln im Bereich der Kampkunst liegen. Und erstaunlicherweise ist bei genauerer Betrachtung dieser Bereich, also das Wissen, wie wir einen Angriff abwehren, von der Gesundheitswirkung nicht wirklich zu trennen. Das heißt, dass auch für eine ausschließlich auf das eigene Wohlbefinden gerichtete Übungspraxis ein grundlegendes Wissen um die Prinzipien der Kampfkunst eigentlich unabdingbar ist, um die Wirkung selbst voll erleben zu können.

Darüber hinaus bietet aber speziell der ursprüngliche Stil Yang Luchans allen denen, die ihr Herz an die Kampfkünste verloren haben, ein extrem effizientes Übungssystem an, um in diese faszinierende Welt einzutauchen. Das Kennzeichen des alten Yang-Stils ist insbesondere die weiche Unbeugsamkeit der Struktur (man spricht von den Gliedmaßen als von „in Watte gewickelten Eisenstäben“) bei gleichzeitigem feinstem Eingehen auf die Bewegung des Gegners und explosivem Angreifen seiner empfindliche Körperareale (u.a. Akupunktur-Punkte). Jede Bewegung dient zum Aufladen der eigenen Körperstruktur (vergleichbar dem Spannen einer Feder); damit können dann Stöße und Schläge über die Distanz weniger Zentimeter herausgepeitscht werden. Gerade dieses Peitschen der Bewegungen entfaltet ungewöhnliche Tiefenwirkungen im aufnehmenden Körper, die mit einem konventionellen Aufprall nicht vergleichbar sind. Methoden zum Verinnerlichen und spontan werden Lassen dieser Bewegungsmethode runden das Training ab.

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